Uveitis und Psyche - Ein Rückblick von Erika Boll und Sabine Zweigelt auf das mutmachende Patientenseminar am 16.06.2018 in Frankfurt.
Warum gerade ich? Diese Frage hat sich wohl schon jeder Uveitis-Betroffene schon einmal gestellt. Und jeder Betroffene kennt die Frustrationen und Ängste, die mit dem immer schlechter werdenden Augenlicht und den Einschränkungen, die diese Krankheit mit sich bringt, einhergehen.
Am 16.06.2018 fand in Frankfurt das Patientenseminar der Duag zum Thema Uveitis und Psyche statt. Bewusst nur mit einer begrenzten Teilnehmeranzahl von 20 Personen, damit genügend Zeit für den Austausch und Fragen der Betroffenen zur Verfügung steht. Zunächst hatten die Teilnehmer die Gelegenheit in einer Vorstellungsrunde kurz die Geschichte „ihrer“ Uveitis zu erzählen und welche Faktoren sie nach eigener Ansicht zum Ausbruch oder zum Verschlimmern gebracht haben. Schnell kristallisierten sich Begriffe wie Stress, Überforderung, große Veränderungen im Leben oder sogar Lebenskrisen heraus.
Ein guter Einstieg für Frau Dr. med. Gabriele Emmerich, die in eigener Praxis an der Lichtwiese in Darmstadt sich den Themen Augenheilkunde und Psychotherapie widmet.
Sie stellte den Teilnehmern Methoden der Krankheitsbewältigung vor. Wussten Sie zum Beispiel, das in der östlichen Welt, der Kranke nicht isoliert in einem Zimmer liegt, sondern im Wohnzimmer, wo er weiterhin am Leben teilnehmen kann, er zahlreiche Besuche empfängt und Zuspruch und Hilfe erfährt? Während wir im Westen, doch eher in Krankheitssituationen uns zurückziehen, isolieren und nur ungern um Hilfe bitten. Nur ein Beispiel, das zum Umdenken anregt. Der offene Umgang mit der Krankheit, die Verbalisierung anderen gegenüber und vor allem die Konzentration auf das Positive sind Bestandteile der Positiven Psychotherapie, die Methode mit der Frau Dr. Emmerich arbeitet.
Sie ermutigte die Teilnehmer sich auf die Fähigkeiten und Möglichkeiten zu konzentrieren, die einem verbleiben und nicht auf die Dinge, die man vielleicht nicht wie gewohnt machen kann. Manchmal gewinnt man durch diese Umwege neue Fertigkeiten, Hobbys oder Interessengebiete, es eröffnen sich neue Wege oder man lernt durch die Krankheit Menschen kennen, die man nicht mehr missen möchte. Weiterhin ist es wichtig, sich etwas zuzutrauen, sich weiterhin Ziele zu setzen und sich nicht entmutigen lassen. Wenn man sich immer nur auf das Problem oder die Krankheit konzentriert, nimmt man sich wertvolle (Lebens-)Energie, die man dringend zur Ausgeglichenheit benötigt. Man schwächt sich quasi selbst und gibt der Krankheit Macht und den negativen Gedanken Raum. Das Leben in Balance zu bringen, trägt wesentlich zur Gesundung bei. Daher gilt es, die vier Lebensbereiche Körper/Sinne, Leistung, Phantasie/Zukunft und Kontakt in einem guten und ausgewogenen Verhältnis zu halten. Und auch hier wird wieder der Unterschied zwischen östlichen und westlichen Ländern deutlich – sind wir im Westen doch eher auf Körper und Leistung fixiert, investieren die Menschen in den östlichen Ländern mehr Zeit in die Bereiche Phantasie und den Kontakt zu anderen .
Salutogenese - die Wissenschaft von der Entstehung und Erhaltung von Gesundheit - ein Begriff, den viele der Teilnehmer zum ersten Mal hörten. Salus kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Gesundheit, der Wortteil -genese heißt wörtlich übersetzt Entstehung. Somit ist die Salutogenese das Gegenstück zur Pathogenese, welche die Entstehung von Krankheit beschreibt. Pathogenese versucht, Krankheit zu vermeiden, Salutogenese dagegen versucht, ein attraktives Gesundheitsziel zu erreichen. Nicht das Vermeiden steht im Vordergrund, sondern die Maßnahmen, die zu einem umfassenden Wohlbefinden führen und die Frage, was kann ich tun, damit es mir besser geht. Es reicht also nicht, schwierigen Lebensprozessen oder Krankheitserregern aus dem Weg zu gehen. Oft genug ist das auch schlichtweg nicht möglich. Im Gegenteil, gute Abwehrkräfte und geistige Stabilität gewinnen wir gerade durch die Auseinandersetzung mit dem allgegenwärtigen Fremden, mit Konflikten und Stressfaktoren. Sie helfen uns, die Grenzen unserer seelischen und körperlichen Belastbarkeit kennenzulernen und auszudehnen. Anstelle einer Wunderwaffe gegen Krankheit müssen wir nach Quellen suchen, die eine aktive Anpassung unseres Organismus an die Herausforderungen der Umwelt fördern. Leben, Lernen und Wachstum können nicht ohne aktive Anstrengung und Auseinandersetzung vollzogen werden.
Was aber, wenn die Trauer zu groß wird, die Tränen sich kaum zurück halten lassen und einem der Sinn fehlt? „Lassen Sie sich helfen“, appelliert Frau Dr. Emmerich. Für solche Situationen gibt es professionelle, ausgebildete Psychotherapeuten, die einem beistehen, einen ermutigen Dinge an- und auszusprechen und Hilfsmittel an die Hand geben, wie man trotz Krankheit wieder Spaß am Leben gewinnt.
„Gesund ist nicht derjenige, der nie Ängste und Depressionen hat, sondern derjenige, der in der Lage ist, mit ihnen angemessen umzugehen!“ – so laute eines der Zitate aus Frau Dr. Emmerichs Vortrag oder wie die jüngste Teilnehmerin es so treffend formulierte: „Ich habe diese Krankheit, aber die Krankheit hat nicht mich!“
Positiv gestimmt und motiviert gingen die Teilnehmer an diesem Tag nach Hause. Das Gehörte wird nachwirken und zum Nachdenken anregen und vielleicht die eine oder andere kreative Idee ans Licht befördern. Und das Beste – es gibt eine Fortsetzung, auch im nächsten Jahr findet wieder ein Patientenseminar mit Frau Dr. Gabriele Emmerich statt.