Kleine Patient/innen/en – große Herausforderungen!
von Prof. Dr. Uwe Pleyer
Die Uveitis im Kindesalter ist eine der häufigsten Ursachen gesetzlicher Blindheit in Europa.
Daher kommt der Diagnostik und Behandlung besondere Bedeutung zu.
Der oft unauffällige Beginn der Entzündung und die dadurch verzögerte Diagnose führen nicht selten zu einer funktionell schlechteren Prognose gegenüber Erkrankungen im späteren Lebensalter.
Bei etwa 20 bis 30 % der betroffenen Augen verbleiben irreversible Schäden. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit, mit weiteren Fachdisziplinen v.a. Kinderärzten und Infektiologen ist daher von besonderer Bedeutung.
Dabei sind Besonderheiten im Kindesalter zu beachten! Grundsätzlich sind alle bekannten Ursachen der intraokularen Entzündung des Erwachsenalters zu berücksichtigen.
Autoimmunprozesse vor allem im Zusammenhang mit rheumatologischen Krankheitsbildern (juvenile Arthritis/JIA), Systemerkrankungen und Infektionen stehen dabei an erster Stelle. Bei einer Untersuchung von 270 Kindern konnten 75% der Entzündungen auf eine spezifische Ursache zurückgeführt werden, nur 25 % wurden als "idiopathisch" (unklar) klassifiziert.
Unter adäquater Behandlung und sorgfältigen Kontrollen zeichnet sich v.a. bei Kindern mit JIA und begleitender Uveitis in den letzten Jahren eine günstigere Prognose ab.
Broschüre "Informationen für Eltern und Jugendliche"
Was hat die Krankheit ausgelöst? Wie kann die Uveitis behandelt werden? Wie sind die Heilungschancen? Was bedeutet diese Krankheit für mich, unser Kind und für unsere Familie? Ist die Krankheit chronisch?Ein offener Umgang mit der Erkrankung ist empfehlenswert. Der Verlauf einer Uveitis ist von Person zu Person verschieden. Je mehr Sie über Uveitis lesen oder hören, desto leichter tun Sie sich mit der Diagnose. Schritt für Schritt!!Diese Broschüre steht hier zum kostenlosen Download bereit >> Auch die Broschüre "Schulalltag mit Uveitis" enthält interessante Informationen für Eltern und betroffene Kinder und Jugendliche. Auch diese Broschüre steht zum kostenlosen Download bereit >>Eine erste Orientierung nach einer Uveitis-Diagnose bietet der Flyer "Wegweiser", der hier zum Download bereit steht >>Gegen Erstattung der Portokosten schicken wir Ihnen diese Broschüre auch in gedruckter Form zu - senden Sie einfach eine Mail mit Ihrer Anschrift und dem Stichwort "Broschüre Jugendliche" bzw. "Broschüre Schulalltag" an marieke.reineking@me.com
Mit Uveitis zurecht kommen
von Prof. Dr. Uwe Pleyer, Charité Berlin
Mit Uveitis zurechtzukommen, ist schwer genug für Erwachsene. Für Kinder aber erst recht, denn oft tritt die Augenerkrankung mit anderen, ebenfalls schweren Erkrankungen auf. Außerdem fordert die Uveitis des Kindes die ständige Aufmerksamkeit der Eltern. Ein Überblick über Ursachen, Komplikationen und Behandlung.
Betroffen sind sie alle: der kleine Patient, die Eltern und natürlich auch der behandelnde Augenarzt, wenn die Diagnose “Uveitis im Kindesalter” gestellt wird. Nicht selten wird sie zufällig, etwa bei Schuluntersuchungen, als Sehschwäche aufgedeckt. Dieser Zufallsbefund erklärt sich dadurch, daß Kinder selten über Sehstörungen klagen und wir Augenärzte oft überrascht sind, wie gut die Kinder die Situation meistern, obwohl bereits ausgeprägte Komplikationen durch die Uveitis das Sehen behindern.
Häufigkeit
Glücklicherweise sind die Kinder selten betroffen – etwa zehn Prozent der Uveitis-Patienten in spezialisierten Zentren sind unter 16 Jahre. Überwiegend ist der vordere Teil der Regenbogenhaut betroffen – es liegt eine “Iritis” (anteriore Uveitis) vor. Bedrohlicher verlaufen die Entzündungen der sehr empfindlichen Aderhaut oder sogar Netzhaut im hinteren Anteil des Auges (posteriore Uveitis). Nicht selten liegt eine Entzündung des mittleren Bereiches (intermediäre Uveitis) vor.
Ursachen
Spätestens wenn Komplikationen am Auge sichtbar sind, stellt sich die Frage nach dem Auslöser der Erkrankung. Bei etwa der Hälfte der Kinder kann durch zusätzliche Untersuchungen und Mitarbeit des Kinderarztes ein Hinweis auf eine Grunderkrankung gefunden werden. Dies hat allerdings nur Auswirkungen auf die einzuleitende Therapie, wenn eine Infektionserkrankung der Uveitis zugrunde liegt. Eine besondere Situation liegt bei rheumatologischen Erkrankungen vor, die nicht nur bei der Ursachenfindung, sondern auch bei der Behandlung eine gute Zusammenarbeit von Augenarzt und Kinderarzt erfordern.
Es lassen sich zwei Gruppen von Kindern mit rheumatischer Erkrankung und Uveitis unterscheiden.
1. Juvenile idiopathische Arthritis: Meist erkranken Mädchen, bei denen im Serum häufig die sogenannten “antinukleären Antikörper” nachweisbar sind. Bei diesem Krankheitsbild wirkt das Auge wenig entzündet und blaß. Weil die Erkrankung deshalb lange unerkannt bleibt, verläuft sie heimtückisch und bedarf engmaschiger Kontrollen und sorgfältiger Therapie.
2. Spondylarthritis: Meist erkranken Jungen, bei denen im Blut das HLAB27-Merkmal nachweisbar ist. Das Auge ist im akuten Stadium meist gerötet und schmerzhaft, und die Prognose ist besser als bei der ersten Gruppe. Da ein Schub wesentlich leichter erkennbar ist als in der ersten Gruppe, kann die Therapie viel früher eingeleitet werden. Einige Infektionserkrankungen können ebenfalls, jedoch eher selten, eine kindliche Uveitis hervorrufen. Hierzu zählen zum Beispiel Borreliose, Toxoplasmose, Herpes-simplex-Viren, Tuberkulose und gelegentlich seltenere Erreger
Behandlung
Abhängig von der Entzündungsform, des Schweregrades und der möglichen Ursache erfolgt die Therapie. Ziel ist es, das Sehen zu erhalten, Rückfälle möglichst zu verhindern und Komplikationen zu vermeiden. Hierzu dient zum einen die Bekämpfung der Entzündung was bei vielen Kindern durch cortisonhaltige Augentropfen, manchmal jedoch auch nur durch Cortison-Tabletten erzielt werden kann. In seltenen Fällen müssen auch Medikamente aus der Gruppe der Immunsuppressiva (z. B. Ciclosporin A, Azathioprin, Methotrexat) verordnet werden. Wichtig bei kräftiger Entzündung im vorderen Augenabschnitt ist die Weitstellung der Pupille, um Verklebungen zwischen Pupille und Linse zu vermeiden (hintere Synechien), was meist durch mittellang wirksame Medikamente (Tropicamid) erreicht wird. Da bei den juvenilen Arthritisassoziierten Formen der Uveitis das Auge auch im Schub meistens blaß bleibt, empfehlen wir den Eltern, ihren Kindern ein kurz wirksames Medikament zur Pupillenweitstellung zu geben. Zeigt sich eine halbe Stunde nach der Pupillenerweiterung der gleiche Befund wie am Abend zuvor, so ist ein schwerer Schub eher unwahrscheinlich. Hat sich das Bild geändert, zum Beispiel durch neue Verklebungen, sollten die Eltern ihr Kind als Notfall vom Augenarzt kontrollieren lassen. Bei Infektionserkrankungen besteht die Behandlung in Verabreichung von Antibiotika oder von gegen Viren gerichteten Medikamenten (Virustatika). Besteht eine Kalkablagerung auf der Hornhaut, so kann diese operative entfernt werden. Eine der häufigsten Komplikationen besteht in der Ausbildung einer Linsentrübung (Katarakt), die heutzutage mit guten Ergebnissen entfernt werden kann. Gefürchtet ist eine Wassereinlagerung an der Stelle des schärfsten Sehens (Makulaödem) und des Sehnervenkopfes, die ebenfalls einer entzündungshemmenden Therapie bedürfen.
Es ist immer zu berücksichtigen, daß die Kinder keine “kleinen Erwachsenen” sind und die körperliche und seelische Entwicklung durch die Erkrankung unmittelbar, aber auch durch die Behandlung beeinflußt wird. Die Kinder sollen so “normal” wie möglich aufwachsen und nicht durch übertriebene Fürsorge gehemmt werden. Andererseits ist es wichtig, daß die Eltern gut über die Krankheit informiert sind und zusammen mit den behandelnden Ärzten den Kindern helfen, die Situation zu meistern.
Weitere Informationen zum Thema Uveitis: