von Prof. Mathias Becker, Heidelberg

Eine Entzündung, die den hinteren Augenabschnitt im Bereich der Aderhaut befällt, bezeichnet man als hintere Uveitis oder Uveitis posterior. Im Gegensatz zu den anderen Uveitisformen zeigt die hintere Uveitis bei der Untersuchung sehr unterschiedliche klinische Bilder, was nicht zuletzt darauf zurückgeführt wird, dass verschiedene Erkrankungen zugrunde liegen. Entsprechend unterschiedlich sind auch Therapie und Prognose. Der vorliegende Artikel beschreibt zunächst das Spektrum der hinteren Uveitis. Auf die einzelnen Formen wird dann in späteren Folgen eingegangen.

Aufbau der hinteren Augenabschnitte

Die hinteren Augenabschnitte umfassen vereinfacht alle Strukturen hinter der Linse, also Netzhaut, Aderhaut, Glaskörper, Sehnerv und den gelben Fleck. Die Netzhaut (Retina) ist die innerste, die Aderhaut (Choroidea) die mittlere Schicht und die Lederhaut (Sklera) ist die äußere der drei Augenhüllen. Die Netzhaut entspricht mit ihren lichtempfindlichen Sinneszellen (Zapfen und Stäbchen) dem Film im "Fotoapparat" Auge. Die Aderhaut stellt, wie der Name schon andeutet, die blutgefäßreichste Struktur des ganzen Körpers dar und versorgt die Netzhaut mit Nährstoffen und Sauerstoff. Der Glaskörper ist gelartig und hat eine klare Struktur, die das Augeninnere ausfüllt.

Der gelbe Fleck (oder Makula) wird auch als Stelle des schärfsten Sehens bezeichnet. Mit dieser etwa 1mm2 großen Netzhautstruktur sind wir in der Lage eine "100 - prozentige" Sehschärfe zu erreichen und zu lesen. Ist der gelbe Fleck erkrankt, z.B. durch ein Makulaödem, ist die Sehschärfe stark vermindert; viele Patienten sehen einen schwarzen Fleck, oder eine Wolke immer genau dort, wo sie gerade hinschauen. Ebenfalls typisch dafür ist, dass die Betroffenen gerade Linien verzerrt oder wellenförmig wahrnehmen, was der Arzt mit einem so genannten Amsler-Netz prüft. Der Sehnerv (oder Optikus -Nerv) führt die Sinnesinformation der Sehzellen zum Gehirn weiter.

Wo spielt sich die hintere Uveitis ab?

Bei der hinteren Uveitis kommt es zunächst zu einer Entzündung der Aderhaut (Choroiditis), eventuell auch der Netzhaut (Chorioretinitis oder Retinochoroiditis). Die Sklera ist nahezu nie in Mitleidenschaft gezogen, aber häufig der Glaskörper. Die Grenze zwischen Netzhaut und Aderhaut wird durch eine Pigmentschicht (retinales Pigmentepithel) gebildet. In seltenen Fällen ist diese Schicht alleine entzündet, was meist zu Krankheitsbildern mit recht guter Prognose führt (Pigmentepitheliopathie). Eine Retinitis, die recht selten auftritt, wird fast ausschließlich durch Herpes Viren hervorgerufen.

Symptome

Typischerweise ist das Auge bei einer Uveitis posterior nicht sichtbar gerötet. Der Patient bemerkt diese Form der Uveitis durch eine Sehverschlechterung des betroffenen Auges. Er klagt über Nebel-, Schleier-, oder Schattensehen, das Sehen von Punkten oder Flecken, die entweder hin- und herschwimmen, oder immer an der gleichen Stelle sind, bis hin zu größeren Gesichtsfeldausfällen.
Klinische Befunde

Die Uveitis posterior kann in den verschiedensten Kombinationen alle genannten Strukturen befallen oder sogar mit anderen Uveitisformen (vordere oder mittlere bzw. anteriore oder intermediäre) als Gesamtuveitis (Panuveitis) kombiniert auftreten. Die Uveitis posterior tritt wie die anderen genannten Formen ein- oder beidseitig auf und verläuft schubweise oder kontinuierlich. Sie heilt entweder völlig aus oder hinterlässt Narben, die zu Gesichtsfeldausfällen oder Störungen der Sehschärfe führen. Viele Patienten leiden darunter, dass ihre Mitmenschen wegen des fehlenden "roten Auges" die Schwere ihrer Erkrankung nicht sofort äußerlich erkennen. Erst die Pupillenerweiterung sowie die Untersuchung mit Linsen ermöglichen es dem Augenarzt, die Uveitis posterior zu diagnostizieren, und helfen die typischen Befunde zu beurteilen: Fast alle Formen der Uveitis posterior gehen mit einer Ansammlung von Entzündungszellen im Glaskörper einher. Diese trüben den Glaskörper ein und verursachen das "Schleiersehen". Weitere entzündliche Mitreaktionen des Glaskörpers führen zu einer Strangbildung. Wenn dies eintritt besteht Gefahr, dass die Netzhaut von ihrer Unterlage abgehoben wird und eine Netzhautablösung erfolgt. Einige Formen der Uveitis posterior zeigen den Befund einer Gefäßentzündung (Vaskulitis). Darunter versteht man weißliche Einscheidungen von Blutgefäßen der Netzhaut, wie sie auch bei der mittleren oder intermediären Uveitis angetroffen werden können. Diese Ummantelung stammt von Entzündungszellen, die sich um Blutgefäße ansammeln.

Komplikationen

Eine Flüssigkeitseinlagerung im gelben Fleck (Makula) bezeichnet man als "Makulaödem" und diese kann bei vielen Patienten die Sehschärfe empfindlich stören. Häufig ist gerade die entzündliche Form des Makulaödems schwer zu behandeln.

Ein entzündlich veränderter und geschwollener Sehnerv (randunscharfe Papille) führt zu Sehverschlechterung und Schattensehen.

Wie bei anderen Uveitisformen besteht auch bei der hinteren Uveitis die Möglichkeit, dass sich eine Linsentrübung (Cataract), eine Augeninnendruckerhöhung (Glaukom) oder im Gegenteil ein ausgeprägter Abfall des Augeninnendrucks (Hypotonie) ausbilden.

Krankheitsbilder

Mehr noch als bei der vorderer und mittlerer Uveitis handelt es sich bei der Uveitis posterior nicht um ein einförmiges Krankheitsbild, sondern um ein Sammelbecken der unterschiedlichsten Erkrankungen, die entweder nur das Auge betreffen, oder im Rahmen von Systemerkrankungen ( Erkrankung mehrerer Organsysteme) auftreten. Der Begriff Uveitis posterior beschreibt daher lediglich, dass eine Entzündung die Aderhaut befallen hat, sagt aber nichts über die Ursache einer möglicherweise zugrunde liegenden Erkrankung aus. Bei den posterioren Uveitisformen, die eine infektiöse Ursache haben, sind in unseren Breitengraden insbesondere die Toxoplasmose (Abb. 2), selten die Tuberkulose und Viruserkrankungen (z.B. Herpes Viren), Syphilis, oder auch die durch einen Zeckenbiß übertragene Borreliose zu nennen. Nicht- infektiöse Ursachen für eine posteriore Uveitis umfassen die Sarkoidose (Abb. 5), weniger selten Bindegewebserkrankungen (Kollagenosen) und sehr selten bestimmte Leukämieformen (Lymphom).

Oft aber findet sich keine zugrunde liegende Erkrankung, so dass heute von einer sogenannten Autoimmunerkrankung ausgegangen wird, die wohl durch eine Fehlsteuerung des körpereigenen Abwehrsystems bedingt ist.

Diagnostik

Routineuntersuchungen für alle Uveitisformen sollten eine Röntgenuntersuchung der Lunge (Ausschluß einer Sarkoidose und Tuberkulose) sowie eine Blutuntersuchung auf Syphilis und Borreliose, und eventuell auch einen Hauttest für Tuberkulose umfassen. Bei speziellen Befunden, die eine weiterführende Diagnostik rechtfertigen, kann eine Blutuntersuchung auf Viren oder Toxoplasmose hilfreich sein. Oft aber sind diese Werte nicht sehr aussagekräftig.

Die Diagnose "Uveitis bei Toxoplasmose" ist in der Regel vom klinischen Befund am Augenhintergrund durch den Augenarzt zu stellen. Neue diagnostische Möglichkeiten bieten molekularbiologische Techniken wie die Polymerase- Kettenreaktion, mit deren Hilfe z. B. Viren im Glaskörper als mögliche Auslöser einer Uveitis sich sehr genau nachweisen lassen. Der Glaskörper muss für diesen Nachweis jedoch entfernt und durch eine klare Kochsalzlösung ersetzt werden (Diagnostische Vitrektomie).

Bei starken Trübungen hat sich die Ultraschalluntersuchung sehr bewährt. Eine Kontrastmittel - Darstellung (Fluoreszenz-Angiografie, Indozyanin-Grün-Angiografie) wird insbesondere dann durchgeführt, wenn eine Gefäßerkrankung (Vaskulitis), eine Entzündung des Pigmentepithels oder eine Makulaschädigung (z.B. Ödem) vermutet wird, und dient dazu die Aktivität der Gefäßentzündung festzustellen.

Therapie

Eine Behandlung der hinteren Uveitis mit Augentropfen ist im Allgemeinen nicht aussichtsreich, da diese Augentropfen den hinteren Augenabschnitt nicht erreichen. Falls eine Behandlung mit Cortison angezeigt ist, sind einerseits Cortisoninjektionen neben den Augapfel (parabulbär) möglich. Häufig kann aber auf die Einnahme von Tabletten oder Infusionen im Akutstadium (Cortison, Immunsuppressivum, bei Infektionen auch Antibiotika) nicht verzichtet werden. In manchen Fällen muss diese Therapie auch über längere Zeit (bis zu mehreren Jahren) fortgeführt werden, und macht viele Kontrollen erforderlich.

Die Uveitis posterior ist einerseits für das behandelnde Ärzteteam häufig eine besondere Herausforderung, sowohl was das Stellen der genauen Diagnose angeht, als auch bezüglich der Auswahl der geeigneten Therapie, da viele der ihr zugrunde liegenden Krankheiten selten sind. Andererseits wird vom Patienten, um dessen Erkrankung es ja letztlich geht, Geduld und Ausdauer gefordert.

Geplant sind weitere Kapitel über die posteriore Uveitis, die auf Einzelaspekte eingehen: Toxoplasmose, Tuberkulose, Sarkoidose, Netzhautentzündung (Retinitis), AIDS, Gefäßentzündung (Vaskulitis).